Eine der zentralen Fragen unseres Lebens war und ist schon immer die nach dem Sinn des Lebens gewesen. Mit dem erforschen dieser Frage haben sich in der Vergangenheit schon viele Philosophen, Naturwissenschaftler, Religionsführer, Politiker und viele weitere Führungseliten beschäftigt. Und sicher gab es auch Zeiten, in denen das gemeine Volk, d.h. die Mehrheit der Menschen ebenfalls über diese Frage sinnierte. Doch dieser Zustand währte nie lange.
Vor allem in den letzten Dekaden fand eine erfolgreiche, gesellschaftliche Verdrängung dieser lebensimmanenten Frage statt, denn die Menschen denken im Allgemeinen nicht gerne über sich und die Welt nach, über ihr Handeln und die Konsequenzen, die ihr handeln verursacht. Diese Überlegungen sind kompliziert und anstrengend und sie offenbaren uns auch unsere schwachen Momente im Leben und unsere inneren Abgründe. Mit aus diesen Gründen orientiert sich die Masse daher gerne an ethischen Vorgaben und gesellschaftlich etablierten Normen. Diese Normen standen in naher Vergangenheit unter dem Leitbild des Kapitalismus, der den Menschen materiellen Reichtum und Ansehen versprach.
Gerade das Ansehen spielt in der menschlichen Entwicklung eine sehr große Rolle. Versorgt man bspw. Säuglinge nach der Geburt mit allen überlebenswichtigen Dingen wie Nahrung, Kleidung und optimaler Unterkunft, entzieht sie jedoch jeglichem menschlichen Kontakt zu einer Bezugsperson, so ist der Tod des Kindes die unumgängliche Konsequenz (dieser Umstand wurde leider experimentell bestätigt).
Wir Menschen brauchen also Aufmerksamkeit und Ansehen unserer Mitmenschen und wenn wir dieses nicht bekommen, dann kämpfen wir zum Teil mit sehr harten Bandagen dafür. Rücksicht auf andere spielt dabei unter Umständen gar keine Rolle mehr, da uns der Überlebenstrieb vorschreibt, was wir zu tun haben, um unseren Platz in der Gesellschaft zu verteidigen.
Mischt man diese Grundannahmen mit den ethischen Normen des Kapitalismus, so kommt ein Ergebnis hervor, welches wir gerade eindrucksvoll beobachten können. Heute zählt nicht mehr wer man ist, was man kann und vor allem was man nicht kann. Vielmehr wir d sehr großen Wert darauf gelegt, wie viel Geld man besitzt, welche Position im Job man inne hat und welches Auto man fährt. Wir haben uns von einer natürlichen und menschlichen Betrachtungsweise hin zu einer materiellen und maschinell-quantitativen Betrachtungsweise hin lenken lassen. Dabei haben wir vergessen, wo wir gestartet waren. Vor tausenden von Jahren begannen wir als Menschen mit Gefühlen, mit Stimmungsschwankungen, mit Mitgefühl und mit Abneigungen zueinander. Wir waren nicht getaktet auf bestimmte Arbeitszeiten, eine gesellschaftlicher Etikette oder auf Gewinnmaximierung. Nein, wir waren einfache Lebewesen mit Herz und Verstand, nicht nur mit Verstand. Sicherlich gehört ein respektvoller Umgang miteinander zu den Errungenschaften der Evolution (den Krieg haben wir aber noch nicht überwunden) aber gehört dann dazu nicht auch, dass wir nicht um unser Ansehen aufzupolieren Geschäfte und Tricksereien miteinander veranstalten, um schlussendlich auf Millionen von Euro zu sitzen. Eine Zahl, die unser Selbstbewusstsein aufpoliert, die aber weder Wert noch Ethik und Moral beinhaltet? Wie gesagt, wir Menschen haben Herz und Verstand – nicht nur Verstand. Wir haben ein Bedürfnis nach Moral und Ethik, nach Zusammenhalt und Harmonie, nach gegenseitigen Respekt und Anerkennung unserer unterschiedlichen Persönlichkeiten.
Warum könnten diese Gedanken aktueller denn je sein? Möglicherweise sind wir an einem Punkt angelangt, an dem wir als Gesellschaft innerlich verbrannt sind. Stress, Arbeitsbelastung, ständiges Wirtschaftswachstum, Rettungsschirme, Schuldenschnitte, Lobbyismus und Einzelkämpfertum haben uns müde gemacht. Als Gesellschaft erkennen wir, dass wir zu lange in einem Extrem gelebt haben. Das Hauen und Stechen gegeneinander hat unsere innere Energie vollständig verbraucht. Wir möchten wieder leben. Wir möchten einander wieder Fehler eingestehen. Wir möchten unsere Mitmenschen so annehmen wie sie sind, mit ihren Stärken und vor allem mit ihren Schwächen. Wir möchten die gegenseitige Anerkennung in unserem Sein und nicht aufgrund unseres materiellen Besitzes. Wir möchten wieder Emotionen spüren, friedlich zusammenleben, uns streiten und uns wieder versöhnen. Wir möchten wieder spüren wo wir herkommen, uns verbinden mit der Natur, sie erleben und sie erfahren. Und wir möchten wieder mehr über uns selbst erfahren. Eine ehrliche und aufrichtige Einschätzung unserer selbst gewinnen. Wir möchten uns in kleinen Dingen verwirklichen, im schlichten Zusammensein, beim lockeren Fußballspielen mit Freunden, bei der Pyjama-Party mit Freundinnen. Wir wollen Dinge für andere tun, weil sie es für uns auch tun würden und nicht weil wir dafür mit Geld entlohnt werden. Wir wollen uns messen in allerlei Disziplinen aber nicht um gegen den anderen zu gewinnen, sondern um mehr über uns selbst zu erfahren. Verlierer gibt es nicht, denn auch dieser hat höchsten Respekt verdient, weil er alles gegeben hat und den vermeidlichen Gewinner zu Höchstleistungen angespornt hat. Der Gewinner ist definiert durch den Verlierer und anders herum. Ohne den einen gäbe es den anderen nicht. Wir wollen das anerkennen. Wir wollen einfach nur Menschen sein. Mit Herz und Verstand und mit Sinn – die Sehnsucht nach Leben eben.